Pilgern
Santiago de Compostela - Pilgern zum Grab des Apostels Jakobus
Der Apostel Jakobus der Ältere ist seit mehr als 1.000 Jahren Schutzpatron des christlichen Spanien. Jakobus gehörte zum engsten Kreis um Jesus und wird in ganz Europa verehrt: auf Deutsch als heiliger Jakob, auf Französisch Saint-Jacques, Englisch Saint James, Italienisch San Giacomo, Spanisch Santiago, San Jaime, San Jacobo oder San Diego.
Als erster Märtyrer aus dem Kreis der Apostel wurde er um 44 unter Herodes Agrippa im Heiligen Land hingerichtet. Dass er jedoch als Prediger in Spanien missioniert hätte, berichten erst schriftliche Quellen ab dem siebten Jahrhundert. Sein vermeintliches Grab wurde im ersten Drittel des neunten Jahrhunderts im Kern der heutigen Stadt Santiago de Compostela entdeckt. Der "Fund" machte das rasch sich entwickelnde Santiago neben Jerusalem (Grab Christi) und Rom (Grab des Petrus und Paulus) in den folgenden Jahrhunderten zum wichtigsten Wallfahrtszentrum der Christenheit.
Die bildliche Darstellung des Jakobus spiegelt eine gewisse Wandlung in seiner Verehrung wider. Während die ältesten Darstellungen ihn als Apostel, später vor allem als Pilger zeigten, wurde er verstärkt seit der "Reconquista" des zwölften Jahrhunderts auch als Kreuzritter und Maurentöter im Kampf gegen die Araber dargestellt.
Mit der Reformation und den Religionskriegen im "Durchzugsland" Frankreich versiegte der Pilgerstrom in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. 1589, als Sir Francis Drake Santiago belagerte, wurden die Reliquien in Sicherheit gebracht und blieben für fast drei Jahrhunderte verschwunden. Nach der Pilgerfahrt von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1982 und einer Europarats-Initiative zur Wiederbelebung der Jakobswege 1987 jedoch hat eine Renaissance der Jakobsverehrung eingesetzt.
Seit 1982 Papst Johannes Paul II. und 1987 der Europarat zur Wiederbelebung der Jakobswege aufriefen, hat auf dem ganzen Kontinent eine Renaissance dieser "europäischen Kulturbewegung" eingesetzt, wie die von Jahr zu Jahr steigende Zahl von Pilgern belegt. Allerdings spielen neben religiösen auch verstärkt touristische und sportliche Motive eine Rolle. In Deutschland löste der TV-Komiker Hape Kerkeling 2006 mit seinem nachdenklich-komischen Buch "Ich bin dann mal weg" einen Pilgerboom aus.
Der Jakobsweg
Schon seit der ersten Jahrtausendwende zieht der Jakobsweg, dessen Netz von Straßen und Wegen sich durch ganz Europa zieht, Pilger in Richtung Santiago de Compostela. Seit dem neunten Jahrhundert führt er Pilger vom Baltikum über Polen, Deutschland, die Schweiz und schließlich Frankreich zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus in den spanischen Ort, der sich neben Rom und Jerusalem zum wichtigsten Wallfahrtsziel der Christenheit entwickelte. Im Mittelalter erstreckten sich die Tagesetappen meist von einem "heiligen Ort", an dem Reliquien verehrt wurden, zum nächsten.
Neben den fast zahllosen Verästelungen und Zubringern gab es (je nach Zählung) vier bis sechs Hauptrouten durch Frankreich. Der "Weg der Deutschen", die "Via Lemovicensis", ging von Vezelay in Burgund aus und war der Hauptweg für Pilger aus Nord- und Westdeutschland sowie aus Osteuropa. Der sogenannte Küstenweg für Engländer und Iren verlief entlang der französischen Atlantikküste bis nach Spanien. Weiter östlich verliefen die "Via Turonensis" über Paris, Tours und Bordeaux, die "Podiensis" über Le Puy und Conques, die "Tolosana" über Arles und Toulouse sowie der sogenannte Pyrenäenweg über Beziers und Foix.
Die Jakobsmuschel
Die Muschel ist das Symbol aller Jakobswegpilger. Die fächerförmig gerippte Schale wird an Rucksäcken oder Fahrradtaschen befestigt oder mit einer Schnur um den Hals getragen. Sie ziert Kilometersteine und Schilder, auf denen sie stilisiert in Gelb auf blauem Untergrund prangt. Pecten jacobaeus lautet ihr wissenschaftlicher Name.
In den Frühzeiten der Pilgerbewegung wurden die Muschelschalen im atlantiknahen Santiago de Compostela als Ankunftsnachweis ausgegeben und fungierten somit als Vorläufer der heutigen Pilgerurkunde. Im Mittelalter unterstrich der Codex Calixtinus die Bedeutung der Pilgermuschel, die einer Hand gleiche, die sich zur Verrichtung guter Werke öffne. Auch Benedikt XVI. trägt die Muschel in seinem Wappen – unter anderem als Sinnbild für das pilgernde Gottesvolk.
Das Jakobusjahr
Das Jahr 2010 war das 119. Jakobusjahr. Das letzte war 2004, das nächste so genannte Xacobeo findet erst 2021 statt. Jakobusjahr ist immer dann, wenn der Tag des heiligen Jakobus, der 25. Juli, auf einen Sonntag fällt. Die Kirche gewährt jedem, der im Jakobusjahr die Grabstätte des Apostels besucht und die Beichte ablegt, nach einer alten Tradition einen vollständigen Sündenablass. Die meisten der Pilger entscheiden sich für den sogenannten Französischen Weg: von den Pyrenäen etwa 800 Kilometer durch den Norden Spaniens. Darüber hinaus gibt es noch andere offizielle Routen.
Die Jakobusgesellschaft
Es gibt zahlreiche Jakobusgesellschaften. Eine davon ist die St.-Jakobus-Gesellschaft Rheinland-Pfalz-Saarland e.V. Sie wurde im Juli 2005 in Mainz gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, die Pilgerschaft nach Santiago de Compostela in ihren religiösen, kulturellen und wissenschaftlichen Aspekten zu fördern. Unter anderem belebt der Verein alte Jakobswege und eröffnet neue. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit der Geschichte des Jakobspilgerns.