Donnerstag, 04. September 2025
Zu Hause alt werden: Rechtzeitiges Handeln spart viel Geld

Wer altersgerecht sanieren möchte, sollte sich ausführlich von Fachleuten beraten lassen. Bild: ZVSHK www.zvshk.de
Wohnen ohne Hindernisse: Viele träumen vom Eigenheim, doch Barrieren werden mitunter übersehen. Mit kluger Planung lassen sich manche teuren Umbauten sparen. Bauexpertinnen und Verbraucherschützer helfen.
In den eigenen vier Wänden leben - und das so lange wie möglich. Das geht auch im höheren Lebensalter oder mit körperlichen Einschränkungen, wenn die privaten Wohnräume entsprechend gestaltet sind - und die Bewohner das oft negativ wahrgenommene Thema des Alterns nicht scheuen. Denn der richtige Zeitpunkt für eine passende Architektur ist dabei eher früher als später - und kann Geld für teure Umbauten sparen, sagt Doris Schütz aus Saarbrücken.
Schütz ist Architektin und zertifizierte Sachverständige für barrierefreies Bauen. Gemeint ist damit Bauen ohne Hindernisse für die Bewohnerinnen und Bewohner. "Es geht darum, dass sich jeder Mensch selbstständig ohne fremde Hilfe überall bewegen kann und alles nutzen kann - genau so, wie es ihm gefällt", erläutert die Expertin auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
"Barrierefreiheit steigert den Wert"
"Ganz klar widersprechen muss man dem Vorurteil, dass es bei barrierefreien Bädern um unansehnliche Zweckmäßigkeit geht", betont die Architektin. "Bodengleiche Duschen etwa gelten als schick und die weiße Krankenhausarchitektur, die man dabei immer im Kopf hat, gibt es so nicht mehr." Außerdem steigere Barrierefreiheit den Wert einer Immobilie und könne bei einem möglichen Verkauf für ein finanzielles Plus sorgen.
Wie jemand wohnen möchte, das obliegt ihm zunächst weitgehend selbst. Doch gibt es gute Gründe, Barrierefreiheit bereits beim Bauen oder bei Umbauen von Wohnraum mitzudenken. Schütz verweist auf niedrigere Kosten: Man spart sich teure Maßnahmen im Nachhinein - gleich beim Bauen umgesetzt, falle Barrierefreiheit finanziell kaum ins Gewicht.
Vorsorgen statt später nachsorgen
Und: "Im Nachhinein lässt sich manches nicht mehr so einfach ändern", sagt Schütz. "Man sollte nicht erst dann umbauen, wenn der Notfall eingetreten ist." Wer hingegen neu baue, könne gewisse Punkte berücksichtigen. So lassen sich etwa jene Punkte an der Wand, an denen im fortgeschrittenen Alter dann Haltestangen im Badezimmer hilfreich wären, beim Fliesen der Wand gleich mitverankern.
Körperliche Einschränkungen oder Pflegebedarf gebe es häufiger, als gerade jüngere Menschen denken, die sich ihren Lebenstraum vom Eigenheim verwirklichen wollen, berichtet die Architektin. "Deshalb weisen wir sie gezielt auf dieses Thema hin. Alle, die ein Haus für sich und ihre Familie bauen, möchten ja so lange wie möglich darin leben können."
Unterstützung von Verbraucherschützern
Das will unter anderem auch die Verbraucherschutzzentrale in Rheinland-Pfalz unterstützen. Sie ist Trägerin der Landesberatungsstelle Barrierefrei Bauen und Wohnen. Diese bietet laut Angaben kostenlose Unterstützung durch erfahrene Architektinnen und Architekten. "Es muss mehr barrierefreier Wohnraum geschaffen und bestehende Wohnungen müssen umgebaut werden, um die Lebensqualität zu verbessern", forderte die Vorständin der Verbraucherzentrale, Heike Troue, im Frühjahr bei der Vorstellung des Angebots.
Bei bereits vorhandenem Wohnraum bieten sich, wie Schütz erklärt, entsprechende Maßnahmen immer dann an, wenn ohnehin bauliche Veränderungen anstehen. Das sei eine gute Gelegenheit, um Hindernisse zu beseitigen - etwa indem schmale Türen verbreitert werden oder eine neue Küche so eingerichtet wird, dass sie später mit Gehhilfen oder im Rollstuhl genutzt werden könnte.
Fachexperten achten auf Statik
Bei größeren Aktionen ist das Einbeziehen eines Statikers nötig - bevor etwa Änderungen an tragenden Wänden vorgenommen werden. Küche, Schlafzimmer und Badezimmer seien die größten Baustellen bei einem solchen nachträglichen Umbau. Die konkreten Projekte seien immer abhängig von der körperlichen Verfassung der Bewohner. Im privaten Bereich gehe es meist zunächst darum, Stolperfallen zu beseitigen sowie einen einfacheren Zugang zu den einzelnen Wohnbereichen zu ermöglichen.
Zur Förderung der Barrierefreiheit in Bestandsgebäuden verweist das Bundesbauministerium auf das Programm "Altersgerecht Umbauen" der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau. Es gebe zinsgünstige Kredite für Privatpersonen und Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften. Die Entwürfe der Bundeshaushalte 2025 und 2026 sähen zudem einen Anstieg der Mittel für sozialen Wohnungsbau vor.
Bauministerin verspricht Milliarden
Das Thema ist ein Anliegen von Ministerin Verena Hubertz (SPD). "Sozialer Wohnungsbau schafft bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum - und das von Anfang an", sagte sie im Gespräch mit der KNA. Nachrüstungen seien oft teuer oder gar nicht möglich. Darum bleibe Barrierefreiheit ein zentraler Bestandteil der Förderprogramme: Bis 2029 werde der Bund dafür 23,5 Milliarden Euro bereitstellen. (Matthias Jöran Berntsen (KNA))