Montag, 21. Juli 2025
Dürfen uns an Krisen nicht gewöhnen
Rot-Kreuz-Generaldirektor hat Angst um die Zukunft der Menschheit
Krisen und Kriege in der Welt werden aus Sicht der Rot-Kreuz-Führung inzwischen zu kritiklos hingenommen. „Die Staatengemeinschaft hat sich irgendwie damit abgefunden, dass man Konflikte hat. Keiner kümmert sich um die Lösung‟, sagte der Generaldirektor des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Pierre Krähenbühl, der „Süddeutschen Zeitung‟ vom 21. Juli.
Für die Hilfsorganisation zeige sich das etwa in der Länge ihrer Einsätze vor Ort. In Afghanistan sei das Rote Kreuz schon seit 40, in Kolumbien seit 50 und in Israel und den Palästinensischen Gebieten schon seit 70 Jahren tätig. Eigentlich seien die Missionen nicht auf Jahrzehnte angelegt, erklärte Krähenbühl. „Keiner kümmert sich um die Lösung. Das bedeutet, dass wir im Moment sehr viel Druck spüren - während die finanzielle Unterstützung für humanitäre Hilfe schrumpft.‟
„Angst um die Zukunft der Menschheit‟
Gerade der Krieg in Gaza zeigt dabei laut Krähenbühl, wie sich Maßstäbe der Menschlichkeit verändern. Millionen von Menschen seien inzwischen mehrfach vertrieben, rund 400 Mitarbeiter von humanitären Organisationen getötet worden. „Solche Zahlen kennen wir in keinem anderen Konflikt, und ich habe sie in 35 Jahren nie erlebt, so der Rot-Kreuz-Offizielle. „Wenn Gaza die Zukunft des Krieges ist, dann habe ich Angst um die Zukunft der Menschheit.‟
Dadurch, dass die Brutalität dieses Krieges toleriert werde, nehme das Vertrauen in politische Grundregeln wie die Genfer Konvention rapide ab, warnte Krähenbühl. Das 1949 geschlossene internationale Abkommen soll den Schutz von Zivilisten, Kranken und Verwundeten im Krieg sicherstellen. „Alle beteuern, diese Regeln seien universell. Wenn aber die eigene Sicherheit auf dem Spiel steht, dann findet man unheimlich viele Ausreden, um diese Regeln zu umgehen.‟ Es brauche mehr Mut, wieder an politische Lösungen zu glauben. (Johannes Peter Senk, kna)